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Neue (mögliche) Fälle von Biopiraterie.

Brokkoli

Das britischen Unternehmen Plant Bioscience hält ein Patent auf nicht genmanipulierten Brokkoli. Dies ist der derzeit bedeutendste Fall von Patenten auf Saatgut in Europa, weil sich daran entscheidet, ob künftig auch konventionell gezüchtete Sorten ohne größere Hindernisse patentierbar sein werden. Eine ausführlichere Beschreibung dieses Falles findet sich hier.

Sonnenblume

Pioneer Overseas beantragte das Patent auf eine Linie, also eine Mehrzahl von Sorten, und zwar alle Sorten, die durch Kreuzung einer resistenten Sonnenblumenlinie (U00S9LM) mit anderen Sonnenblumen entstehen. Die geradezu revolutionäre Kreuzungsmethode: „Kreuzen einer ersten Eltern-Sonennblumenpflanze mit einer zweiten Eltern-Sonennblumenpflanze und Ernten der resultierenden Nachkommenpflanzen.“ (Zitat aus dem Patentantrag.)
Wie – das ist eine ganz herkömmliche Kreuzungsmethode? Anscheinend nicht für Pioneer Overseas.

Aus dieser frisch erfundenen Kreuzung leiten sie ihr Recht auf Patenterteilung ab, wobei das Patent folgende Ansprüche umfasst:
„1. Sonennblumenpflanze, die gegen Orobranche-Rassen resistent“ ist,
„2. Pflanzenteil der Pflanze nach Anspruch 1.
3. Zelle einer Pflanze nach Anspruch 1.
4. Gewebskultur regenerierbaren Zellen nach Anspruch 3.
5. Verfahren zum Regenerieren einer Sonennblumenpflanze nach Anspruch 1, das Züchten der Gewebskultur nach Anspruch 4 unter Bedingungen, die zum Regenerieren der Sonnenblumenpflanze hinreichend sind, umfasst.
6. Verfahren zum Herstellen von Öl und/oder Mehl aus Samen einer Sonnenblumenpflanze, wobei das Verfahren Züchten einer Pflanze nach Anspruch 1, Ernten von Samen davon, Schroten von Samen und Abtrennen des Öls und/oder Mehls umfasst.
7. Verfahren nach Anspruch 6, das weiterhin weitere Bearbeitung des Öls zur Verwendung in Nahrungsmitteln umfasst.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei die weitere Bearbeitung Raffination, Bleichen, Winterisieren oder Desodorierung umfasst.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei die weitere Bearbeitung Raffination, Bleichen und Desodorierung umfasst.
10. Verfahren nach Anspruch 9, das weiterhin Verfüttern des Schrots an Vieh umfasst.“

Alles mögliche, was man mit diesen Sonnenblume machen kann, beansprucht Pioneer Overseas also für sich. Am 4. Oktober 2006 wurde Pioneer das europäischer Patent EP 1465475 B1 bewilligt, im Juli 2007 legte Greenpeace Einspruch gegen dieses Patent ein. Der Ausgang ist offen.

Mangostin

Ähnlich wie Cupuacu scheint der Fall des Mangostinbaums gelagert zu sein. Die Frucht des im englischen "Mangosteen"
genannten Baumes (nicht zu verwechseln mit Mango) findet als Saft Verwendung, Extrakte daraus haben medizinische
Bedeutung. Er ist unter den 10 wichtigsten Exportfrüchten aus THAILAND, Exportvolumen 700 Mio Baht.
 
Grain schreibt dazu, dass in den USA Dutzende Patente angemeldet worden sind. Die genaue USPTO-Recherche am 29.8.2006 ergab: 31 Patente, darunter auch Verwendung als und in Chemikalien, 3 gültige und 4 mittlerweile ungültige Markeneintragungen mit "Mangosteen". Auch in Thailand wurden mittlerweile drei Patente angemeldet (eins davon von einer japanischen Firma...), dabei ist die Verwendung traditionell.
 
Mangosteen ist in Deutschland zwar weitgehend unbekannt, aber da war ja bei Cupuacu auch nicht anders; verschiedene thailändische Ämter sind aber auch schon mit dem Fall beschäftigt.

Vernonia - nur aus Äthiopien?

Grain berichtete am 11.8. über Vernonia - einen Baum, der einen epoxid(kleber)-haltiges Samenöl produziert. Die äthiopische Regierung habe mit Vernique Biotech, einer britischen
Start-up Gesellschaft einen Vertrag unter CBD mit ABS geschlossen: im Gegenzug für den Zugriff auf Vernonia zahle
Vernique über 10 Jahre einen Mix aus Lizenzgebühren und Gewinnbeteiligung. Auch Tewolde Egziabher ist überzeugt, dass das ganze zum besseren ausschlägt. Epoxy werde derzeit aus Erdöl hergestellt und habe ein Marktvolumen von 15 Mrd. US$.
 
Gespickt ist die Story mit einer Dankes-e-Mail, nach der angeblich die kultivierungsbemühungen des Vernique-Gründers McClory dazu beigetragen habe, den Baum vor dem Aussterben zu bewahren.
 
Merkwürdig nur, dass der "Out of africa"-Report vom Edmonds Institut über "Vernonia amygdalina" auf S. 40 schreibt, die Pflanze sei in den meisten sub-saharischen Ländern Afrikas einheimisch und werde in vielen Ländern als Medizinalpflanze verwendet.
 
Von der ABS-Seite scheint der Falle ähnlich gelagert zu sein wie Hoodia: eine Pflanze kommt in vielen Ländern vor, doch nur mit einem Land bzw. einer Gemeinschaft werden Abkommen zum acces and benefit-sharing (ABS) geschlossen. Vom Marktwert der möglichen Produkte her scheint es aber deutlich größere Bedeutung zu haben. Ob bereits Patente angemeldet sind, ließ sich bislang nicht eruieren,
das EPO-RegisterPlus wie die WIPO-Madrid-Database und das USPTO geben zu "Vernique Biotech" als Anmelder am 29.8.2006 nichts her.

Gentechnisch manipulierter löslicher Kaffee

Nestlé bekam am 22.2.2006 vom Europäische Patentamt ein Patent auf Gentechnik-Kaffee erteilt. Dieses Patent stellt eine neu eingeführte Eigenschaft der Kaffeepflanze unter Schutz, ein Enzym wird blockiert, um das Kaffeepulver besser löslich zu machen. Die Patentansprüche erstrecken sich auf das technische Verfahren, die genmanipulierten Pflanzen und auch auf die Verwendung der Kaffeebohnen zur Herstellung löslichen Kaffees. Aufgedeckt hat den Fall Greenpeace.